(05.04.2022) Am Montag, 4. April 2022, fand die Jahresversammlung des Verkehrsvereins Bielefeld e.V. statt – aufgrund einer Corona-bedingten Verschiebung im Jahr 2021 nur rund sieben Monate nach der letzten Veranstaltung.
Ab 19.30 Uhr trafen sich die Vereinsmitglieder in der Ravensberger Spinnerei. Auf der Tagesordnung standen u. a. die Wahl des Vorstandes sowie Informationen zur Bielefelder Stadtentwicklung. Neben dem Oberbürgermeister der Stadt Bielefeld, Pit Clausen, war auch Martin Adamski Gast der Veranstaltung. Der neue Umwelt- und Verkehrsdezernent beschrieb in einem Redebeitrag seinen Blick auf besondere Herausforderungen und Perspektiven für Bielefeld.
Ort mit Symbolkraft
Gleich zu Beginn ihrer Rede lieferte Ursula Pasch einen Hinweis auf das Selbstverständnis ihres Vereins. Als nämlich vor Jahrzehnten im Gespräch war, den Ort der Veranstaltung – die Ravensberger Spinnerei samt umgebendem Park – zugunsten einer „modernen“ Stadtautobahn abzureißen, waren es Bürgerinnen und Bürger, die durch ihr Engagement eine bessere Lösung durchsetzen konnten. „In dieser Tradition sollte der Verkehrsverein Bielefeld auch heute engagierten Menschen in Bielefeld die Möglichkeit bieten, die Entwicklung ihrer Stadt zu beeinflussen und wichtige Impulse zu geben“, so Pasch.
Die Entwicklung der Innenstadt liegt Ursula Pasch am Herzen, das spürte man auch bei dieser Jahresversammlung ihres Vereins. So leitete sie in ihrer Rede rasch zu City- und Altstadt-Themen über. Hier forderte Pasch von der Politik die frühzeitige Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern sowie betroffenen Institutionen, um Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen. Die Vereinsvorsitzende zeigte sich erfreut, dass ihre Idee für gemeinsame Stadtspaziergänge vom Bauamt aufgegriffen worden ist. Seit März werden die Stadtspaziergänge mit Kaufleuten, Verantwortlichen aus Kultur und Umwelt, Startuppern, Verantwortlichen aus den Ämtern sowie weiteren Aktiven aus der Stadtgesellschaft umgesetzt und ausgewertet. Erste Ergebnisse sollen auf der City.Conference am 3. Mai 2022 präsentiert werden, einer Veranstaltung, die ebenfalls auf Anregung des Verkehrsvereins Bielefeld e.V. entstanden ist.
Ein weiterer Vorschlag des Verkehrsvereins Bielefeld e.V. liegt nach Auskunft der Vereinsvorsitzenden den politisch Verantwortlichen inzwischen vor: die Idee eines freiraumplanerischen Wettbewerbs, in dessen Verlauf ausgewiesene Fachleute zentrale Plätze der Bielefelder Innenstadt „neu denken“ sollen. Ursula Pasch brachte ihre Hoffnung zum Ausdruck, dass es auch hier bald zu einer Umsetzung kommt. Die Vorsitzende des Verkehrsvereins Bielefeld e.V. schloss ihre Rede mit einem Hinweis auf Stadtgespräche mit Experten, die für die zweite Jahreshälfte 2022 geplant sind. Neben weiteren aktuellen Themen soll es dabei beispielsweise auch um sinnvolle Nutzungen und Perspektiven für den Kesselbrink gehen.
Der „Neue“ stellt sich vor
Als zweiten Redner begrüßten die Vereinsmitglieder Martin Adamski, seit 1. März 2022 Umwelt- und Verkehrsdezernent der Stadt Bielefeld. Der studierte Landschaftsplaner war zuletzt Bau- und Umweltdezernent in Cuxhaven. Die Herausforderungen für Bielefeld sieht er im Gelingen der Verkehrswende sowie in der Transformation in eine klimaneutrale Stadt. Dabei will er den Dialog mit allen Beteiligten suchen, Gewissheiten hinterfragen und vor allem: Mut machen.
Stadtmarketing in bewegten Zeiten
Martin Knabenreich, Geschäftsführer des Verkehrsvereins Bielefeld e.V., blickte mit seinem Geschäftsbericht zurück auf sieben Monate, die erneut im Zeichen der Pandemie standen und dem Stadtmarketing eine gehörige Portion Flexibilität und Kreativität abverlangten. Immerhin gelang es, etliche Projekte und Veranstaltungen erfolgreich zu realisieren. „So konnte der Bielefeld-Gutschein bereits zwanzigtausendmal verkauft und damit eine Kaufkraft von rund einer halben Million Euro in Bielefeld gehalten werden“, so Knabenreich. Auch der Weihnachtsmarkt fand trotz aller Widrigkeiten statt – mit fast täglich aktualisierten Hygienekonzepten und eigens produzierten Weihnachtsmarkt-Bändchen. Der Aufwand hat sich nach Ansicht von Martin Knabenreich gelohnt: „Wir wollen Menschen zusammenbringen, Besuchsanlässe schaffen und Mut machen. Wir wollen Bielefeld stärken und die Stadtgesellschaft zusammenführen. Das ist unsere Aufgabe.“
Der Geschäftsführer des Verkehrsvereins Bielefeld e.V. verwies auch auf kommende Chancen, etwa die neu entstehende WissensWerkStadt, die auf 2.800 Quadratmetern Platz für Wissenschaftskommunikation in der Bildungs- und Hochschulstadt Bielefeld bieten wird: mit Ausstellungen, Seminaren, Shows, Werkstätten und vielem mehr. Daneben lenkte Martin Knabenreich den Blick auf allgemeine Trends und Entwicklungen im Stadt- und Citymanagement: „In Zukunft geht es für Städte um Nachhaltigkeit in allen Bereichen, wie beispielsweise CO2-Neutralität“, so Knabenreich. „Es geht aber auch um eine neue Lebendigkeit in den Städten, die Schaffung und Pflege von Begegnungsorten, die Veränderung des Arbeitslebens, neue Wohnformen, Digitalisierung, Smart City, Inklusion in der Stadtgesellschaft, Bürgerpartizipation, moderne Wirtschaftsförderung und vieles mehr.“
Laut Martin Knabenreich ist Bielefeld für zukünftige Herausforderungen gut aufgestellt: „Unser Bielefeld-Partner-Netzwerk ist ein Erfolgsmodell. Mit rund 60 starken Unternehmen und Institutionen sind wir vor sechs Jahren eine Allianz eingegangen. Das finanzielle Engagement unserer Förderer ist ein starkes Bekenntnis zu Bielefeld, und jeder Euro fließt in Stadtmarketingprojekte, die unsere Stadt nach vorne bringen.“ Erst vor wenigen Wochen wurde das Bielefeld-Partner-Netzwerk als „Best-Practice-Beispiel 2022“ im bundesweiten Projektpool „Stadtimpulse“ ausgezeichnet und zertifiziert.
Die Jahresversammlung des Verkehrsvereins Bielefeld e.V. endete mit einer wegweisenden Personalie: Erstmals wurde mit Prof. Dr. Olaf Kruse ein Vertreter der Wissenschaft in den Vorstand des Verkehrsvereins gewählt – ein deutlicher Hinweis auf die zunehmende Bedeutung von Bildungs- und Forschungsthemen in Bielefeld.