(08.11.2021) Auf seiner Jahresversammlung am 6. September in der Stadthalle Bielefeld hat der Verkehrsverein Bielefeld angekündigt, ein Meinungsforschungsinstitut mit einer Umfrage zur Innenstadtentwicklung beauftragen zu wollen. Allen Beteiligten sollte damit eine wissenschaftlich fundierte Basis für weitere Planungen zur Verfügung gestellt werden.
Solide Datenbasis
Bereits wenige Wochen später liegt mit der Studie des vom Verkehrsverein beauftragten Bielefelder Marktforschungsinstituts „rc – research & consulting GmbH“ eine repräsentative Umfrage vor. Sie untersucht die Attraktivität der Bielefelder City – erstmals sowohl aus Sicht der in Bielefeld Lebenden als auch von Menschen aus der angrenzenden Region.
Die Ergebnisse offenbaren eine differenzierte, abwägende und keineswegs einseitige Wahrnehmung der Innenstadtentwicklung.
Befragt wurden 1.309 Privatpersonen ab 18 Jahren, wobei nach Wohnort im Umkreis von 5, 15 und 30 Kilometern (um die Bielefelder City) unterschieden wurde.
Stimmung besser als vermutet
Die wichtigste Nachricht gleich zu Beginn: Der Aussage „Mit der Bielefelder City bin ich insgesamt sehr zufrieden“ stimmen 19 % der Befragten „voll“ und 53 % „etwas“ zu. 72 % der Befragten sind also eher zufrieden mit der Bielefelder Innenstadt.
Shopping und Gastro bleiben top
Das als überzeugend wahrgenommene Shopping- und Gastronomieangebot ist ein wesentlicher Faktor für die Zufriedenheit mit der Bielefelder City. „Nach wie vor sind einkaufen und essen gehen die wichtigsten Gründe für einen Aufenthalt in der Innenstadt“, sagt Thomas Kunz, Vorstandsmitglied des Verkehrsvereins. City-Besuche ohne konkreten Anlass bleiben hingegen eher die Ausnahme. Positive Stadterlebnisse jenseits von Shopping und Gastronomie könnten also die Attraktivität der Innenstadt steigern – genauso wie Angebote, die für mehr Familienfreundlichkeit sorgen. Darüber hinaus beziehen sich die Verbesserungswünsche der Befragten häufig auf Begrünungen und mehr Sitzmöglichkeiten in der City.
Junge Stadt
Interessant ist, dass jüngere Befragte die Bielefelder Innenstadt weitaus häufiger als attraktiv empfinden als ältere. Ursula Pasch, die Vorsitzende des Verkehrsvereins Bielefeld, empfindet das als Ermutigung und Auftrag gleichermaßen: „Wir leben in einer jungen und dynamischen Universitätsstadt. Wenn die Bielefelder Innenstadt von der jungen Generation als besonders anziehend empfunden wird, spricht das für die Zukunftsfähigkeit unserer Stadt. Auf der anderen Seite wird niemand bestreiten, dass gerade ältere Besucher von vitaler Bedeutung für die City sind. Auch in Zukunft dürfen sie daher nicht aus dem Blick geraten.“ Henner Zimmat, Vorstandsmitglied des Verkehrsvereins, fügt hinzu: „Und das keineswegs nur, weil sie Kaufkraft ins Zentrum bringen.“
Lebendiges Zentrum
Vollends bestätigt fühlt sich der Verkehrsverein in der Überzeugung, dass Bielefeld Marketing – neben der Profilschärfung der Marke Bielefeld – eine entscheidende Rolle bei der Innenstadtentwicklung zukommt. Dazu die Vorsitzende, Ursula Pasch: „Stadtfeste und niedrigschwellige kulturelle Veranstaltungen sowie öffentlich zugängliche und häufig kostenlose Open-Air-Events werden von den allermeisten Befragten als außerordentlich positive Stadterlebnisse wahrgenommen. Damit leistet das Stadtmarketing eine wichtige Ergänzung zu klassischen Besuchsanlässen – eine Aufgabe, die die vorliegende Untersuchung ausdrücklich formuliert.“
Nach Ansicht von Ursula Pasch wurde – ganz im Sinne der aktuellen Umfrageergebnisse – ein wichtiger Schritt bereits gemacht: Das neu gegründete City.Team (eine Kooperation von Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft WEGE, Stadtentwicklung der Stadt Bielefeld und Bielefeld Marketing) entwickelt eine Strategie für eine zukunftsfähige Innenstadt und liefert Ideen für ein lebendiges Zentrum – etwa unterhaltsame Walking-Acts und begrünte Ruhebereiche. „Das City.Team ist außerdem in der Lage, die neuen Attraktivitäts-Faktoren unserer Stadt durch gemeinsame und abgestimmte Kommunikation in Szene zu setzen“, ergänzt Ursula Pasch.
Verkehr: nicht schwarz oder weiß
Wer im Zusammenhang mit der Untersuchung auf eindeutige Empfehlungen in puncto Verkehrsplanung gehofft hat, wird enttäuscht. Besonders hier sind die Ergebnisse differenziert zu betrachten:
Zwar bleibt der private PKW mit deutlichem Abstand das beliebteste Verkehrsmittel, um in die City zu gelangen (85 % nutzen das Auto), und gerade Besucher aus der Region legen Wert auf die gute Erreichbarkeit der Innenstadt per Auto. Hohe Luftqualität und geringe Lärmbelästigung sind aber kaum weniger bedeutsam für die Befragten, wenn es um städteplanerische Ziele geht. „Hier scheint sich der Wunsch nach einer verkehrsberuhigten Innenstadt noch nicht in allen Punkten mit tatsächlichen Gewohnheiten zu decken“, stellt Johannes Göke, Vorstandsmitglied des Verkehrsvereins, fest.
Immerhin: Im näheren Einzugsgebiet Bielefelds (bis 5 km) erreicht die Stadtbahn einen vergleichbar hohen Nutzungsanteil (82 %). Und knapp neun von zehn Befragten sind zufrieden oder sehr zufrieden mit der City-Erreichbarkeit per Stadtbahn.
Attraktivität ist mehr als Erreichbarkeit
Überhaupt wird durch die repräsentative Studie deutlich, dass die wahrgenommene Attraktivität unserer Innenstadt nicht zwangsläufig mit der guten Erreichbarkeit zusammenhängt. Die Menschen in Bielefeld differenzieren und neigen nicht zum Schwarz-Weiß-Denken – auch und gerade nicht, wenn es um die Verkehrspolitik geht.
Somit kann die vorliegende Umfrage eine solide Datenbasis für Ideen und Diskussionen rund um die weitere Innenstadtentwicklung liefern.
Für weitere Informationen steht die repräsentative Studie des vom Verkehrsverein beauftragten Bielefelder Marktforschungsinstituts „rc – research & consulting GmbH“ online zur Verfügung.
Fragen zur Umfrage beantwortet der Verkehrsverein Bielefeld per Mail.